Press release

Die Rolle der Bundesregierung Deutschland bei gezielten Tötungen durch Drohnenangriffe der Vereinigten Staaten in Somalia

Date
April 11, 2016
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NEW YORK—Die Bundesrepublik Deutschland sieht sich Ende des Monats einer rechtlichen Herausforderung gegenüber - einer verwaltungsgerichtlichen Klage, bei der es um die unterstützende Rolle der Bundesregierung bei gezielten Tötungen durch die Vereinigten Staaten geht. Konkreter Gegenstand ist ein tödlicher Angriff durch US-amerikanische Drohnen im Februar 2012 in Somalia.

Die mündliche Verhandlung in diesem Verfahren findet am Mittwoch, 27. April 2016 um 10:15 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Köln statt.

Laut Klage verstößt die Bundesregierung dadurch, dass sie es erlaube, dass die USA ihre Militäreinrichtungen auf deutschem Boden für Drohnenangriffe nutze, sowohl gegen die deutsche Verfassung als auch gegen das Nato-Truppenstatut, gemäß dem US-Streitkräfte auf deutschem Gebiet operieren dürfen.

Mit der verwaltungsgerichtlichen Klage, eingereicht im Namen des Sohnes eines unschuldigen somalischen Kamelhirten, der bei einem Angriff am 24. Februar 2012 getötet wurde, wird die gerichtliche Feststellung gefordert, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Schutz- und Überwachungspflichten aus dem Nato-Truppenstatut verletzt hat.

Der Drohnenangriff galt nicht dem getöteten Hirten, sondern dem aus England stammenden Mohamed Sakr, der ebenfalls bei dem Angriff starb. Sakr war zuvor die britische Staatsbürgerschaft von der britischen Regierung aberkannt worden, da er angeblich in terroristische Aktivitäten verwickelt war.

Aus Gründen der persönlichen Sicherheit der Familie wird die Identität des Opfers und seines Sohnes der Öffentlichkeit gegenüber geheim gehalten.

Die Klage wurde von deutschen Anwälten und mit Unterstützung der Open Society Justice Initiative am 17. September 2015 im Namen des Sohnes des Hirten eingereicht. Bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken in der Nähe von Ramstein wurde zudem Strafanzeige erstattet. Am 10. Dezember 2015 lehnte die Bundesanwaltschaft ihre Zuständigkeit für dieses Verfahren ab. Dementsprechend verbleibt diese bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken, die nun über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entscheiden muss. 

Zur Begründung der Klage, über die das Verwaltungsgericht Köln zu entscheiden hat, wird geltend gemacht, dass auch deutsche Amtsträger für den Tod der beiden Männer verantwortlich seien, da Deutschland zwei US-amerikanische Militäreinrichtungen beherberge, von denen aus die Planung und Ausführung von Drohnenangriffen in Afrika unterstützt werden: das Hauptquartier von AFRICOM, der amerikanischen Kommandozentrale für militärische Operationen auf dem afrikanischen Kontinent in Stuttgart, und der US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein, der eine unverzichtbare Rolle bei der Ausführung von weltweiten Drohneneinsätzen der Amerikaner, unter anderem in Somalia, spielt.

Bislang wurde niemand für den Tod des Hirten zur Rechenschaft gezogen und es hat bekanntlich keine entsprechende Untersuchung gegeben. Die Vereinigten Staaten haben sich nicht offiziell zu seiner Tötung bekannt. Auch Deutschland hat seine unterstützende Rolle im Zusammenhang mit von den Vereinigten Staaten ausgeführten Drohnenangriffen nicht offiziell bestätigt. 

Neben den angeblichen Rechtsverletzungen wird sowohl in der Klage als auch in der Strafanzeige behauptet, der Angriff vom 24. Februar 2012 habe nicht im Rahmen eines bewaffneten Konflikts stattgefunden, in den die Vereinigten Staaten und Deutschland involviert waren. In der Klage wird vorgetragen, dass der sogenannte „globale Krieg gegen den Terror“ kein gemäß internationalem Recht tragbares Konzept sei und dass die militärischen Aktivitäten, an denen die Vereinigten Staaten und Deutschland beteiligt waren, keine ausreichende Intensität aufwiesen, um beide Länder als Parteien eines bewaffneten Konflikts in Somalia zu qualifizieren.

Das deutsche Rechtsteam besteht aus Natalie von Wistinghausen, Eberhard Kempf und Victor Pfaff. Die Open Society Justice Initiative wird von Amrit Singh vertreten.

Im Mai letzten Jahres lehnte das Verwaltungsgericht Köln eine Klage des Europäischen Zentrums für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) ab, welche im Namen dreier Jemeniter eingereicht wurde. Sie forderten, die Bundesregierung müsse den US-Streitkräften die Nutzung der Airbase in Ramstein für den Drohnenkrieg untersagen. Das ECCHR hat Berufung eingelegt.

Die Open Society Justice Initiative ist Teil der Open Society Foundations (OSF), dem größten privaten Finanzier weltweit im Bereich der Menschenrechtsarbeit. In einem früheren, von OSF geführten Rechtsstreit, bei dem es um nationale sicherheitsbezogene Missstände ging, entschied der Europäische Gerichtshof zugunsten von OSF und fällte Urteile gegen Polen und Mazedonien im Zusammenhang mir der Frage der Anwendung geheimer Folter und der außergewöhnlichen Auslieferung in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA. 

 

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